Der Klang der Erinnerung
Jo Browning Wroe
Ein Leben mit traumatischen Erinnerungen, eine tiefe Freundschaft und die Liebe zur Musik.
Es beginnt mit einer Katastrophe, die tatsächlich so geschehen ist: Im Oktober 1966 gab es in Aberfan (Wales) einen Haldenrutsch. Nach endlosem Regen schoss eine Schlammlawine in die kleine Stadt und begrub eine Grundschule und weitere Gebäude. 144 Menschen kamen ums Leben, davon 116 Kinder. Über dieses Unglück wurde viele Jahre wenig gesprochen, auch die Bewohner trauerten still, manche haben dieses Schicksal nie überwunden.
Im Roman macht sich William als Einbalsamierer auf den Weg nach Aberfan, um vor Ort Hilfe zu leisten. Die Toten werden vom Schlamm befreit und gewaschen – auch um sie identifizieren zu können. Diese Bilder, dieses Grauen, die Verzweiflung der Eltern wird William nie mehr vergessen.
Doch William quält ein weiteres Trauma aus seiner Kindheit: Als Junge war er ein begnadeter Sänger im Knabenchor. Als er das berühmte Solo „Miserere“ singen soll, kommt es zu einem Zwischenfall. William wird Jahre nicht mehr singen. Und wenn er Chöre und Musik aus dieser Zeit hört, erweckt das schmerzhafte Erinnerungen.
Jo Browning Wroe wechselt in ihrem Roman die Zeitebenen und baut dadurch eine Spannung auf. Sie erzählt mit viel Zuneigung für die Charaktere, verbindet Familie, Freundschaft und Liebe mit traumatischen Erfahrungen und schmerzhaften Erinnerungen.
Die Szenen der Einbalsamierung sind wirklich heftig, den Hinweis möchte ich ausdrücklich geben. Fast hätte ich den Roman direkt am Anfang abgebrochen. Doch die Geschichte hat mich so beeindruckt, dass ich unbedingt weiterlesen wollte. Und ich wurde belohnt, denn der Roman hat mich berührt und auch erschüttert. Das Ende hingegen hätte ich so nicht gebraucht, aber gut, manche mögen genau das.
Sofern Ihr Euch die heftigen (wenn auch wenigen) Einbalsamierungsszenen zutraut… Große Leseempfehlung!
Der Klang der Erinnerung
Jo Browning Wroe
übersetzt von Claudia Feldmann
Insel Verlag