Jahre mit Martha
Martin Kordić
Nur zwei Tage habe ich mit Martha verbracht, doch die „Jahre mit Martha“ werde ich nicht so schnell vergessen.
Željko, von allen Jimmy genannt, ist fünfzehn und wohnt mit den Eltern und Geschwistern in einer kleinen Wohnung. Sein Vater ist Bauarbeiter auf Montage und nebenberuflich Hausmeister, seine Mutter hat mehrere Putzstellen. Unter anderem reinigt sie bei Martha Gruber, einer Professorin mit Haus und Pool. Željko ist fasziniert von Martha und verliebt sich in sie. Auch Martha ist beeindruckt von Željko. Leise bahnt sich eine Beziehung an.
Durch Martha Gruber findet Željko Zugang zu Kunst und Kultur, sie fördert ihn, ermöglicht ihm eine höhere Bildung. Željko hat nun ganz andere Möglichkeiten. Der Sohn von Einwanderern, der bisher Zeitungen aus Papiercontainern fischte, um sein Wissen zu erweitern. Und so geht es in diesem Roman nicht nur um eine Liebesgeschichte. Ungleiche Chancen auf Bildung, Abhängigkeit, Abgrenzung, Anpassung, Erwachsenwerden, Herkunft blitzen hier auf.
Martin Kordić verknüpft diese Themen, ohne die Geschichte zu überfrachten. Er schreibt witzige und tiefgründige Szenen, streut tolle Bilder und Vergleiche ein. Ich mag die sanften Momente zwischen Željko und Martha. Wie sich die beiden gegenseitig Botschaften schreiben, ist so genial entworfen, das bleibt mir im Gedächtnis. Überhaupt denke ich gerne an diese besondere Beziehung zwischen Abhängigkeit und Freiheit.
Jahre mit Martha ist ein Roman, wie ich ihn mir wünsche: An einem Abend angefangen, direkt versunken und am nächsten Abend aufgetaucht. Daher auch von mir und von Herzen eine Leseempfehlung!
Jahre mit Martha
Martin Kordić
S. Fischer Verlag