Shuggie Bain

Shuggie Bain

Shuggie Bain hat mir ein wenig das Herz gebrochen. Und dass mich dieser Roman derart in den Bann zieht, war nicht von Anfang an klar.

Der kleine Shuggie wächst in einem Arbeiterviertel von Glasgow auf. Sein Vater ist Taxifahrer, dauernd unterwegs, irgendwann verlässt er die Familie. Auch die älteren Geschwister Catherine und Leek wollen so schnell wie möglich fort und alles hinter sich lassen.

In der trostlosen Gegend versucht Shuggies Mutter Agnes, sich durch Äußerlichkeiten abzuheben und das Leben mit Stolz zu meistern. Doch Agnes ist alkoholsüchtig, hat immer wieder Abstürze. Als Shuggie alleine mit seiner Mutter lebt, kümmert er sich liebevoll um sie. Er hofft, dass sie den Kampf gegen den Alkohol gewinnt. Doch die Sucht ist stärker.

Der Roman ist umwerfend, berührend, traurig, humorvoll. Auch wenn ich an einigen Stellen so meine Probleme mit der ordinären Ausdrucksweise in den Dialogen hatte. Bei obszönen Worten breche ich normalerweise ein Buch ab – ich mag das einfach nicht. Doch hier klingt genau diese Sprache so echt, und der krasse Gegensatz zu den liebevollen Szenen passt genial. Shuggies zartes Wesen hat mich sehr berührt, seine Verzweiflung und auch sein Mut, obwohl er gehänselt und ausgegrenzt wird.

Der Autor Douglas Stewart hat einen sanften Blick auf die Menschen in dieser rauen Gegend. Er weiß, worüber er schreibt. Douglas Stewart ist in ähnlichen Verhältnissen in Glasgow aufgewachsen, seine Mutter starb an den Folgen ihrer Alkoholsucht, da war er noch ein Kind.

Das letzte Kapitel bringt gut zum Ausdruck, was diese unfassbaren Umstände für die Kinder bedeuten. Douglas Stewart beschreibt die Szenen so greifbar und intensiv.

Herausragend ist auch die Übersetzung von Sophie Zeitz. Sie hat die Gegensätze in der Sprache wunderbar umgesetzt. Und auch das Hörbuch ist toll, die Dialoge großartig gelesen von Mark Waschke.

„Shuggie Bain“ wurde ausgezeichnet mit dem Booker Prize 2020 und ist wirklich eine große Leseempfehlung!

Shuggie Bain
Douglas Stuart
Aus dem Englischen übersetzt von Sophie Zeitz
Hanser Berlin